Dr. Ahmet Cakir
Zusammenfassung des Leitartikels in HMD, Heft 212

 

Usability Engineering stellt die – vorerst – letzte Entwicklungsstufe im Bereich der so genannten Mensch- Maschine-Interaktion dar. Diese war Gegenstand zahlreicher Forschungsprojekte und fand zu Beginn der 80er Jahre einen Höhepunkt in der Begriffsbildung Software-Ergonomie. Das neu entstandene Wissen floss in Deutschland bald in die nationale Normung ein, aus der die jetzt ihrer Vollendung entgegengehende internationale Normung entstanden ist.

 

Während „Mensch-Maschine-Interaktion“ bzw. „Software- Ergonomie“ insbesondere für Außenstehende relativ diffuse Begriffe geblieben sind, ist Usability Engineering auf dem besten Wege, sich als eine Technologie zu etablieren. Hilfreich hierbei ist zum einen die Normung zur Usability bzw. zur „Gebrauchstauglichkeit“, da mess- bzw. prüfbare Eigenschaften festgelegt wurden. Zum anderen macht die stürmische Entwicklung neuer Kommunikationsnetzwerke diese Fachrichtung auch für diejenigen interessant, die Software-Ergonomie lange Jahre ignoriert haben.

 

Inhaltsübersicht
1. Entwicklungsgeschichte
Ursprung und Beginn
Aus den Anfängen der Mensch-Computer-Interaktion
Von Benutzerfreundlichkeit zur Software-Ergonomie
Vom Forschungsobjekt zum Normungsgegenstand
2. Gesetze und Normen
EU-Bildschirmrichtlinie
Konzept und Inhalte der Normen zur Software-Ergonomie
3. Usability Engineering – Schlagwort oder neue Technologie?
Engineering von Software
Gebrauchstauglichkeit als Qualitätskriterium für Software
Realisieren, Messen und Prüfen
Zur Effektivität von Usability-Methoden
4. Ausblick – Bedeutungszuwachs durch neue Kommunikationsnetzwerke
5. Literatur
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Entwicklungsbegleitung für gebrauchstaugliche Produkte

Wir begleiten Hersteller bei der Entwicklung von Produkten. Unser Konzept basiert auf dem bewährten Deming Circle der Qualitätswissenschaft. Dieser besagt, man solle so präzise wie möglich planen, den Erfolg realistisch prüfen und ggf. anders handeln.

demingkreisDie Eignung von Produkten für ihren Verwendungszweck sicherzustellen ist wichtigstes Ziel eines Herstellers. Dies beim ersten Anlauf zu realisieren, wird aber ein eher unrealistischer Traum bleiben. In der Regel stellt ein neues Produkt den Nachfolger eines existierenden Produkts dar, bei dem man entweder die Schwachstellen des Vorgängers beseitigt oder die Vorteile des Vorgängers mit zusätzlichen Merkmalen ergänzt. Dazu muss man zuverlässig wissen, welche Merkmale geschätzt werden und welche realisiert werden müssen, damit der Nutzer von einem „Qualitätsprodukt“ spricht. Gebrauchstauglichkeit bzw. Usability ist der Name für Produktmerkmale, aus denen die Qualität gemacht wird.
Ob die Entwicklung erfolgreich geworden ist, wird sicherlich der Markt entscheiden. Man kann aber mit Systematik dafür sorgen, dass diese Entscheidung positiv ausfällt. Die aus unserer Sicht beste Systematik ist die Entwicklungsbegleitung von der Bedarfsanalyse für das erste Design bis hin zur Überprüfung des Erfolges im Markt. Durch nachträgliches Prüfen kommt keine Qualität ins Produkt.

a_cakir„Technologien dem Menschen anpassen“ lautet das Ziel der Ergonomie, einer Wissenschaft, deren Bedeutung heute im beruflichen und privaten Bereich ohne Frage ist. Das ERGONOMIC Institut für Arbeits- und Sozialforschung in Berlin arbeitet seit seiner Gründung im Jahre 1978 daran, die Technik dem Menschen nahe zu bringen, d.h., diese effizient und menschengerecht zu gestalten. Im Prinzip gehören diese Ziele zu den Hauptaufgaben eines jeden Ingenieurs, insbesondere wenn er Werkzeuge gestaltet. Aber der Grundsatz war einst anders gefasst. Ergonomie zielte früher auf eine Anpassung zwischen Mensch und Arbeit. Allerdings haben viele die Bürde dem Menschen aufgeladen. Er musste sich häufig der Arbeit anpassen.

 

Dass es sich hierbei nicht nur um eine aktuelle, sondern auch um eine sich immer neu stellende Frage handelt, hat seine Ursache in der schnellen technologischen Entwicklung und den so in immer kürzeren Zeiträumen zum Einsatz kommenden Techniken. Gerade diese schnelle Entwicklung verbietet häufig wichtige Lern- und Anpassungsprozesse – Prozesse, bei denen die Technik den menschlichen Bedürfnissen angepasst wird.

 

Hierbei geht es keinesfalls um die Schaffung von Luxus und Komfort in einer Welt steigender Ansprüche, sondern um wichtige Fragen der Sicherheit und Gesundheit. Dies ist nicht erst seit den spektakulären Unfällen in sicherheitstechnischen Anlagen bekannt. Eine schon lange bekannte, aber leider noch viel zu oft missachtete Erfahrungstatsache lautet, dass Menschen die Technik dann sicher und gut beherrschen können, wenn diese menschengerecht und gebrauchstauglich gestaltet ist.

 

Die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien, die zu tiefgreifenden Veränderungen im Arbeitsleben führen, bilden natürlich einen besonderen Schwerpunkt bei den Aktivitäten des Instituts. Mit Hilfe dieser Technologien kann der Mensch bei richtiger Anwendung heute viele Aufgaben sinnhafter und befriedigender als bisher erledigen. Folgerichtig muß der Mensch auch im Mittelpunkt der Entwicklung stehen, was angesichts nationaler und internationaler Konkurrenz und Absatzinteressen bisweilen in Vergessenheit zu geraten droht.

 

Durch die heute verfügbare Technik ist bereits ein bedeutendes Potential für eine sinnhafte Arbeitsgestaltung vorhanden. Dieses muss unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter nun auch genutzt werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass, die Intelligenz und die kreativen Fähigkeiten der Mitarbeiter, die heute vielfach nur zu einem Bruchteil zum Nutzen der Organisationen und der Gesellschaft eingesetzt werden, stärker als bisher berücksichtigt werden. Hierfür wurde im Zuge der Gestaltung des Europäischen Binnenmarktes ein breit angelegtes Regelwerksystem geschaffen. Die ergonomische Normung gehörte zu den Geburtshelfers des vereinten europäischen Marktes.

 

Dass von einer konsequenten ergonomischen Arbeitsgestaltung sowohl die Beschäftigten als auch die Unternehmen nachhaltig profitieren können, ist zwar bereits häufig belegt, wird aber viel zu oft noch nicht beachtet. Das Institut hat daher durch Beratung und Schulung, insbesondere auch von Organisatoren, versucht, hier die noch dringend erforderliche Überzeugungsarbeit zu leisten.

 

Natürlich war mit Schulung und Beratung der Aktionskreis dieses privatwirtschaftlich organisierten Instituts, das sich zu 100 % selbst trägt, nicht erschöpft. Die Palette der Aktivitäten reichte von der Durchführung von Forschungsvorhaben bis hin zur Veranstaltung von Kongressen und Tagungen, von der Prüfung von Software bis hin zur Ausarbeitung von Beschaffungsrichtlinien für große Unternehmen. Auch tief gehende Gefährdungsanalysen gehörten dazu.

 

Die Aufträge des Instituts kamen aus ganz unterschiedlichen Bereichen. So war das Institut an den Projektarbeiten zur Einführung neuer Technologien im Bereich des Parlaments ebenso beteiligt wie an der Überprüfung der sicherheitstechnischen Gestaltung von Kernkraftwerken. In den vergangenen Jahrzehnten bildete die Arbeit im Zusammenhang mit der EU-weiten Harmonisierung von Gesetzen und Normen im Bereich der Bildschirmarbeit einen besonderen Schwerpunkt. Dabei stand die Neustrukturierung internationaler Normen ebenso im Mittelpunkt der Normungsaktivitäten wie die Überarbeitung nationaler Normen zur Beleuchtung von Arbeitsstätten. Da den Unternehmen heute die Bedeutung ergonomischer Software sowohl aus Gründen der Wirtschaftlichkeit als auch des Arbeitsschutzes bewusst ist, nahm die Beratung bei der Entwicklung und Einführung von Anwendungen breiten Raum ein.

 

„Wissenschaft ist ein unermüdliches Suchen und Finden – Einzig zu dem Zweck, dem Menschen die Erschwernis seines Existierens leichter zu machen“. Diesen Spruch Galileo Galileis hatte sich das ERGONOMIC Institut zu Beginn seiner Arbeit zum Leitfaden gewählt. Er hat in den letzten Jahren noch an Bedeutung gewonnen, da wir heute in einer Arbeitswelt stehen, die den Bedürfnissen des Menschen immer weniger entspricht.

 

Wenn das Institut Ende 2023 seine wirtschaftlichen Aktivitäten beendet, kann man zwar auf erfolgreiche Aktivitäten zurückblicken. Der Blick vorwärts bleibt aber eine Hauptaufgabe für alle, die sich mit der Arbeit und Anpassung von Technologien an Mensch und Arbeit befassen. Leider ist das keine Selbstverständlichkeit, wie man daran sieht, dass die Protagonisten von Industrie 4.0 die Arbeit als Thema einfach „vergessen“ hatten. Heute reden wir von Industrie 5.0. Was diese mit der Arbeit zu tun hat, werden die kommenden Generationen noch erleben.

 

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