Usability Engineering – Vom Forschungsobjekt zur Technologie

Der Begriff Usability blickt auf eine Geschichte von etwa drei Jahrzehnten in der Normung zurück. Noch älter ist sein deutscher Pendant Gebrauchstauglichkeit. Bei beiden wurde ihre wahre Natur relativ spät erkannt: Usability bzw. Gebrauchstauglichkeit bezeichnen eine bestimmte Qualität.

 

Für lange Zeit glaubte man selbst in Fachkreisen, dass Usability nur auf Software anwendbar sei. Tatsächlich wurde der Begriff von dem ISO-Arbeitskreis genormt, der für die Software-Ergonomie für Bürotätigkeiten zuständig war und ist. Das Wort „Engineering“ weist aber auf ein viel größeres Anwendungsfeld hin.

 

Usability Engineering entwickelte sich zu einem erheblichen Teil aus Aktivitäten, die sich auf die Software-Ergonomie konzentrierten. Anders als bei der Software-Ergonomie, deren Zielsetzungen diffus geblieben sind, wird beim Usability Engineering mit zielgerichtetem Methodeneinsatz gearbeitet.

Einen Abriss der Geschichte der Entwicklung von Software-Ergonomie zur Usability Engineering hat das ERGONOMIC Institut in HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik veröffentlicht. … mehr

 

Die Aussichten dieser Disziplin sind glänzend, da die methodische Anpassung von Produkten und Dienstleistungen an die Massstäbe, die deren Adressat und Nutzer an sie legt, bereits heute unübersehbare Erfolge verbuchen kann. Die schnelle Verbreitung von neuen Kommunikationsmitteln sorgt für steigenden Bedarf.

 

Selbst die Normung kann sich dieser neuen Betrachtungsweise nicht entziehen. Das ERGONOMIC Institut hat vor Jahren begonnen, ein neues Konzept für Normen auf der Basis des Usability Konzepts zu entwickeln. … mehr

 

In den letzten 20 Jahren wuchs der Usability eine ernsthafte Konkurrenz: User Experience, abgekürzt UX. Viele Institutionen, die sich der Usability gewidmet hatten, beschäftigen sich heute mit UX. Leider gibt es für dieses Konzept keine eindeutige Definition. Und wer nach Normen für UX fragt, bekommt als Antwort die Normenreihe ISO 9241 genannt.

 

Diese Interpretation ist nicht richtig. Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen beiden Konzepten. Usability ist eindeutig ein Ingenieurskonzept. Für ein bestimmtes Produkt oder System kann die Usability bestimmt werden, auch wenn mit erheblichem Aufwand. Hingegen entspricht UX etwa dem Vorgehen der Architektur bei der Erstellung von Gebäuden. Während man von einem Bauingenieur verlangen kann, dass ein von ihm erstelltes Gebäude möge funktionieren und nicht umfallen, genügt dies bei der Architektur nicht. Seit über zwei Millenien verfährt die Architektur nach den Prinzipien von Vitruv, Firmitas (Festigkeit), Utilitas (Nützlichkeit, Usability) und Venustas (Schönheit). Und Schönheit ist kein Ingenieursbegriff. Daher die fehlende Normung für UX.

 

Dieses bedeutet allerdings nicht, dass UX ein weniger wichtiges Konzept sei. Mit dem verhält es sich wie mit der Typographie. Eine „gute“ Schrift kann einem jeder halbwegs gebildete Typograph beschreiben, deren gute Lesbarkeit  bzw. Zweckmäßigkeit überzeugend erklären, aber nie mit wissenschaftlichen Methoden bewerten. U.a. deswegen hieß die Typographie unter Fachleuten „Schwarze Kunst“, Ergonomen, die „gute“ und „schlechte“ Schriften unterscheiden wollten, haben fast immer keinen Erfolg gehabt. Die Probanden in Experimenten konnten praktisch jede Schrift recht gut lesen. Das ändert nichts daran, dass die Typographie einen der Grundpfeiler unserer Kultur bildet.

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