Bildschirmarbeitsverordnung und Schaltwarten
(Anm.: Die nachfolgende Abhandlung über die BildscharbV stammt aus dem Jahr 2015. Diese haben wir unverändert gelassen, weil Sie einen völlig unnötigen Streit dokumentiert. Zudem: Die in die ArbStättV überführte BildscharbV ist nicht etwa ungültig. Ihre Bestimmungen können von jedem Bürger der BRD eingeklagt werden, so sie identisch mit der europäischen Arbeitsstättenrichtlinie 90/270/EWG sind. Wir haben außerdem Zweifel daran, dass alle Bestimmungen der ArbStättV in Warten wirklich eingehalten werden.)
Wenn es eine Vorschrift gibt, die vielen Menschen nicht einleuchten will, ist das die Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV). Nicht dass sie unverständlich wäre oder gar überflüssig. Man will sie einfach nicht akzeptieren, weil sie nicht dem gewohnten Muster der Vorschriften für den Arbeitsschutz folgt. Sie gibt – anders als viele andere Schutzvorschriften – die Schutzziele präzise an: Psychische Belastungen – Körperhaltung – Schutz des Sehvermögens. Außerdem greift sie in die Arbeitsorganisation ein. Das war ein Novum, denn das ebenfalls in die Arbeitsorganisation eingreifende Arbeitsschutzgesetz, vielmehr die EU-Rahmenrichtlinie wurde zu einem späteren Zeitpunkt verfasst. Daran ändert sich nichts, auch wenn man die Schlussakte der Gesetzgebung betrachtet (die Rahmenrichtlinie ist aus formellen Gründen vor der Bildschirmrichtlinie erschienen). Kein Wunder, dass viele Arbeitgeber vor den Kadi ziehen, um die Verordnung auf bestimmte Arbeitsplätze nicht anwenden zu müssen. Früher waren das die Arbeitsplätze von Cutterinnen. In den letzten Jahren gab es viele Diskussionen über Schaltwarten. Hierbei haben sogar Mitarbeiter von Organisationen, die über die Arbeitsschutzvorschriften zu wachen hätten, Ansichten geäußert, die eindeutig dem Recht widersprechen.
März 2015 wäre es soweit gewesen – die Zweifel wären beseitigt, weil die BildScharbV endgültig in der Arbeitsstättenverordnung aufgegangen wäre. Vorerst hat der Arbeitgeberverband mit einer Pressekampange die Novellierung der ArbStättV verhindert. Sie soll ein Bürokratiemonstrum schaffen, lautet ein Argument. So lebt das echte Monster fort: Die Schaltwarten unterliegen der ArbStättV und der BildscharbV. Wer wissen will, wie sich so ein Monstrum auswirkt, möge versuchen, seine Schaltwarte vorschriftsmäßig zu beleuchten. Es wird kaum gelingen. In normalen Zeiten ist so etwas kein Beinbruch, aber nicht nach Katastrophen. Wir haben nämlich auch eine Katastrophenverordnung alias Störfallverordnung. Nicht selten dienen Schaltwarten dazu, gefährliche Anlagen sicher zu betreiben. Wenn es mal nicht geklappt hat, werden die Gutachter und vielleicht auch die Richter recht schnell Zweifel daran äußern, dass die Sehbedingungen in der Warte problematisch gewesen sind. Einen wirklich überzeugenden Vergleichsfall haben sie ja: Der Reaktorunfall von Three Mile Island wurde zu einer Katastrophe dadurch, dass ein kleines Anzeigelämpchen übersehen wurde, weil überklebt. Lohnt es sich wirklich, auf juristischen Findigkeit herumzureiten?