Positivdarstellung für Computerbildschirme

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Computerbildschirme der zweiten Generation zeigten auf einem mehr oder weniger schwarzen Hintergrund eine grüne Schrift. Dahinter steckte keine besondere Weisheit. Vielmehr konnte man seinerzeit nur einen grün leuchtenden Leuchtstoff benutzen. Ein heller grüner Hintergrund hätte zudem den Effekt nur verstärkt, der zum ersten Disput mit den Gewerkschaften geführt hatte: Zwei Wiener Professoren hatten 1975 experimentell festgestellt, dass Computerbenutzer nach der Arbeit den Schnee der Alpen rosa erlebten. Daraus folgerte man, dass die Arbeit am Bildschirm täglich nicht über vier Stunden gehen durfte. Auf dieser Basis gab es bis etwa 1985 Betriebsvereinbarungen, die das Arbeiten mit dem Computer auf vier Stunden täglich begrenzten.

 

Der Effekt ist keine Ermüdung und auch keine Schädigung, sondern die übliche Reaktion des Auges auf vorherrschende Farben. Es adaptiert sich an diese und verschiebt somit seinen „Weißpunkt“. Wenn statt der Schrift der Hintergrund grün gewesen wäre, hätte die Umstimmung schneller erfolgen müssen. Dann etwa die Arbeit am Computer auf täglich zwei Stunden kürzen? Die Frage stellte sich nicht, weil die Geräte noch einen weiteren Mangel hatten. Sie konnten nur mit der Netzfrequenz betrieben werden, also 50 Hz in Europa und 60 Hz in den USA. Nach den damaligen Vorstellungen der Wissenschaft waren sie zwar flimmerfrei. Aber kein Benutzer würde sich vor ein solches Gerät setzen. Also betrieb man die Geräte mit negativem Kontrast, daher der Name Negativdarstellung. Das übliche Papier stellt die Schrift auf weißem Hintergrund dar. Diese Darstellung heißt dann positiv.

 

Aus heutiger Sicht wird sich kaum jemand mehr für Bildschirme in Negativdarstellung interessieren. Als der helle Bildschirmhintergrund ins Gespräch gebracht wurde, war die einhellige Meinung der Computerhersteller, dass dies nicht nur überflüssig sei, sondern auch die Technologie durch Kostensteigerungen in ihrer Entwicklung so weit behindern würde, dass große Gefahr drohe. Man hat nicht nur Gutachten bestellt, die diese Meinung belegen sollten, sondern auch noch versucht, Gutachten in Zweifel zu ziehen, die man selber in Auftrag gegeben hatte. Bis in die 1990er Jahre hinein versuchte mancher Hersteller nachzuweisen, dass die Negativdarstellung genauso gut war. Dass jeder Mensch mit einem Blick sehen konnte, dass dies nicht stimmt, weil die Bildschirme stärker reflektieren, ficht die Leute nicht an.

 

Die Positivdarstellung wurde bereits im Jahr 1976 durch Dr. Cakir als die einzig richtige nachgewiesen, und dies mit folgender Begründung:
• Ein heller Bildschirmuntergrund erhöht die Leistungsfähigkeit des Auges.
• Unvermeidbare Reflexionen wirken sich weniger störend aus, wenn der Untergrund hell ist.
• Menschen möchten lieber in einer hellen Umwelt arbeiten. Dazu müssen alle größeren Teile der Umwelt hell sein.
• Bildschirme sollten möglichst die Qualität von bedrucktem Papier aufweisen.

 

Leider konnte man solche Bildschirme seinerzeit nur im Labor simulieren. Das war der Grund des Widerstandes seitens der Hersteller. Die Technik wurde erst im Jahre 1983 einigermaßen reif. Damals führte die Firma Apple mit dem Macintosh Betriebssystem auch die Positivdarstellung ein. Die letzte Hürde wurde mit Windows 3.1 im Jahre 1992 beseitigt, die von der Software aufgestellte Hürde. Monitore mit einem scharfen und flimmerfreien Bild wurden allerdings erst im 21. Jahrhundert alltäglich. Auf Bildschirme mit der Abbildungsqualität von Papier müssen wir noch lange warten (s. Bild unten, von einem der besten Displays am Markt. Der Bildschirm ist nur in einer Position störungsfrei, das Papier praktisch in jeder Beobachtungsrichtung) . Selbst das vielgelobte e-Paper bedarf einer Weiterentwicklung, bis der Ersatz von Papier (fast) perfekt ist. Allerdings kann man heute praktisch jeden LCD-Monitor von der Stange kaufen und ihn selbst bei Tageslicht auf dem Balkon betreiben. Zwar sieht er etwa so blass aus wie die Monitore der 1970er Jahre, aber man kann in jedem Büro mit angemessener Beleuchtung solche Displays problemlos betreiben.

 

Der bisherige Erfolg ist zum einen den Berufsgenossenschaften zu verdanken, die eine Forderung nach Positivdarstellung bereits 1980 aufgestellt haben, und andererseits unzähligen Sicherheitsingenieuren, Betriebs- und Personalräten und Betriebsärzten, die jahrelang hierfür gekämpft haben.

 

Ein Vermutstropfen: Die obigen Aussagen gelten für übliche Büroaufgaben, bei denen die Farbe eine untergeordnete Rolle spielt, auch bei Excel-Anwendungen in Farbe. Bei CAD-Anwendungen hingegen, bei denen man eventuell dünne farbige Striche identifizieren können muss, kann die Negativdarstellung immer noch unverzichtbar sein. Und die härtesten Anforderungen and Displays stellen medizinische Anwendungen und Bildbearbeitung. Für medizinische Anwendung wird häufig die Benutzungsumgebung (Beleuchtung, Lichtfarbe, Leuchtdichten etc.) vorgeschrieben. Bei der Bearbeitung von Bildern mit hoher Dynamik (HDR-Fotos) ist es leider ratsam, besser im Dunkeln zu arbeiten. 

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